Frauenhass und Antifeminismus: Ein neuer, alter Kulturkampf?
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Die Anwältin Christina Clemm widmet sich seit 30 Jahren Gewaltdelikten in den Bereichen geschlechtsspezifischer, sexualisierter, rassistischer, queerfeindlicher und antisemitischer Gewalt und hat zum Thema mehrere Bücher verfasst. Bei der patriarchalen Gewalt stellt sie fest, dass sich in den letzten Jahrzehnten nicht viel verbessert hat. Es gibt eine große Dunkelziffer an Gewaltdelikten, die nicht zur Anzeige kommen und von den angezeigten Gewaltdelikten kommt es aktuell bei 5% der Fälle zu einer Verurteilung. Zudem kommen die strukturellen Hürden, wie z.B. lange Gerichtsprozesse. Die Journalistin Shila Behjat sucht nach gesunden Männerrollenbildern für ihre Söhne und hat über die Frage der Jungenerziehung ein Buch geschrieben.
Im Gespräch geht es zunächst um die Erziehung von Jungs. Die beiden sprechen über die Wichtigkeit von Freiheiten für Kinder unabhängig ihres sozialen Geschlechts und was überhaupt das Ziel einer feministischen Erziehung sein sollte. Dann geht es um den Ursprung der Gewalt, die Männer ausüben. Warum hören sie nicht auf und wieso ist der Fokus immer auf den Frauen? Clemm spricht auch über das falsche Narrativ, dass das schlimmste für Männer sei, dass sie falsch angezeigt werden. Sie gibt zu Bedenken, dass Männer, die sowohl angezeigt, als auch verurteilt wurden in hohen Ämtern stecken. Noch dazu, sagt sie, spreche niemand mit den Tätern, und so könnten sie nicht gestoppt werden. Im Hinblick auf Gerechtigkeit kommen die Fragen auf, wie eine gerechte Bestrafung aussehen kann und ob bzw. wie eine Bestrafung weitere Gewaltakte abhält. Später unterhalten sich die beiden über die öffentliche Wahrnehmung von Gewaltdelikten gegen Frauen, wieso es kein Wahlkampfthema ist und wieso patriarchale Gewalt im Frauenministerium verankert ist. Sie sprechen zudem über aktuelle deutsche Politik, soziale Bewegungen in Deutschland und weltweit und Gerechtigkeit als Politikform.
Während der Fragerunde wird noch das Thema Sprache und die Rolle von Journalismus und der Medien besprochen. Auch geht es um die Unschuldsvermutung und die Rolle des Staates und der Gesellschaft bei der Prävention. Zuletzt sprechen beide über Hoffnung und Wege zu mehr Gerechtigkeit.
Moderiert hat das Gespräch Alexander Solloch.
In dem Gespräch werden Beispiele sexualisierter Gewalt wiedergegeben. Das kann (re-)traumatisierend wirken. Bei Bedarf sollte die Audio nur in Begleitung einer Bezugsperson angehört werden.
Das Gespräch ist Teil der Reihe HörSalon des NDR Kultur.
Das Gespräch findet im akademischen Kontext statt und sollte daher nicht als Einstieg in das Thema verwendet werden.
Christina Clemm hat 2023 das Buch "Gegen Frauenhass" geschrieben, welches inzwischen auch als Hörbuch auf Spotify zu hören ist.
Shila Behjat hat 2024 das Buch "Söhne großziehen als Feministin" geschrieben.